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Chemische Belastung in Gartenteichen kann Insekten gefährden

Studie zeigt: Auch naturnah gepflegte Teiche enthalten toxische Stoffe – mit Folgen für die Artenvielfalt

In dicht besiedelten Räumen gelten private Gärten als Rückzugsorte für Insekten – vor allem, wenn sie über Teiche verfügen. Doch eine neue Studie der Goethe-Universität Frankfurt in Kooperation mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Leipzig offenbart: Viele dieser Gartengewässer sind stärker chemisch belastet als bisher angenommen.

Worum ging es in der Studie?

Das Forschungsteam untersuchte 17 private Gartenteiche in Frankfurt am Main – darunter sowohl Teiche in klassischen Hausgärten als auch in Kleingärten. Ziel war es herauszufinden, wie die Teiche belastet sind und welche Auswirkungen dies auf Insekten hat.

Untersucht wurden sowohl das Wasser als auch die Sedimente der Teiche. Für die Betrachtungen kam ein Methodenmix aus chemischen Analysen und ökotoxikologischen Tests zum Einsatz. Neben einem Screening auf über 400 Stoffe nutzten die Forschenden sogenannte Bioassays, um Zelltoxizität, Mutagenität und dioxinähnliche Wirkung der Proben zu bestimmen. Außerdem testeten sie, wie sich die Teichsedimente auf die Entwicklung von Zuckmückenlarven (Chironomus riparius) auswirken.

Kein Teich ohne toxische Belastung

Die Auswertung der Proben zeigt drei zentrale Erkenntnisse:

  1. Giftig für Zellen, schädlich für Larven – Von 17 Wasserproben zeigte nur eine keinerlei zellschädigende Wirkung. In zwölf Sedimentproben wurde dioxinähnliche Aktivität nachgewiesen, viele Wasserproben erwiesen auch als mutagen (nach Metabolisierung). In Teichsystemen mit besonders toxischem Wasser starben bis zu 100 % der eingesetzten Zuckmückenlarven – ein deutlicher Hinweis auf ökologische Risiken.
  2. Zusammenhang mit Gartentyp und Materialwahl – Teiche in Kleingärten waren tendenziell stärker belastet als in Hausgärten. Vor allem die Konzentration sogenannter Benzothiazole war dort in einigen Teichen auffällig hoch. Mit den hohen Konzentrationen ging gleichzeitig eine hohe Larvensterblichkeit einher. Als Quelle kommen Teichfolien in Betracht, für die Benzothiazole bei der Produktion eingesetzt werden.
  3. Auch mutmaßlich „ökologische“ Teiche betroffen – Die Studie wurde mit Freiwilligen durchgeführt, die größtenteils angaben, auf Pestizide zu verzichten. Dennoch zeigten nahezu alle Proben eine toxische Wirkung. Das lässt vermuten, dass auch in Gärten mit bewusstem Umweltanspruch schädliche Stoffe vorkommen – etwa aus Dachabläufen, Grundwasser oder verwendeten Baumaterialien.

Besonders auffällig: Die Wasserproben zeigten teils ähnlich hohe Zelltoxizität wie konventionell behandeltes kommunales Abwasser.

Was bedeutet das für den urbanen Naturschutz?

Die Teiche, so zeigt die Studie, könnten ungewollt zu „ökologischen Fallen“ werden: Sie ziehen Insekten an, bieten aber keine geeigneten Lebensbedingungen – im schlimmsten Fall sterben ganze Generationen aus, ohne sich erfolgreich fortzupflanzen.

„Wenn schon eine robuste Art wie Chironomus riparius durch die Teichsedimente dezimiert wird, sind empfindlichere Insektenarten vermutlich noch stärker betroffen“,
so Prof. Dr. Jörg Oehlmann, Sprecher des Kompetenzzentrum Wasser Hessen von der Goethe-Universität Frankfurt.

Empfehlungen für Gartenpraxis und Politik

  • Materialwahl überprüfen: Biologisch verträgliche Teichfolien wählen, Gummiprodukte mit Ethylen-Propylen-Dien-Monomer (EPDM) vermeiden.
  • Wasserqualität aktiv verbessern: Einsatz von Teichfiltern oder regelmäßigem Wasserwechsel – insbesondere bei Systemen ohne Abfluss.
  • Mehr Forschung und Monitoring: Besonders für städtische Kleingewässer fehlen bislang systematische Untersuchungen. Die Kombination aus Bioassays und chemischem Screening erwies sich als besonders effektiv.

Fazit: Kleine Teiche – großes Wirkung?

Die Studie zeigt eindrücklich: Selbst kleine Teiche in Privatgärten können hochtoxische Stoffe enthalten – welche Folgen für das für die Biodiversität in Städten hat, sollte weiter untersucht werden. Wer naturnah gärtnern möchte, sollte deshalb nicht nur auf Pflanzenvielfalt achten, sondern auch auf die „unsichtbaren“ Faktoren wie Teichmaterial und Wassereintrag.

Publikation:
Die englische Originalpublikation Exploring urban garden ponds: considering chemical pollution as a limiting factor for insect diversity in cities ist online zugänglich.

Beteiligte Institutionen:
Goethe-Universität Frankfurt am Main – Abteilung Aquatische Ökotoxikologie
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) – Department Exposure Science
Kompetenzzentrum Wasser Hessen