Der Fund multiresistenter Keime im Gudensberger Goldbach hat in den vergangenen Wochen für breite Aufmerksamkeit gesorgt. Untersuchungen des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) bestätigten, dass antibiotikaresistente Bakterien aus dem Abwasser des örtlichen Geflügelschlachtbetriebs Plukon in den Bach gelangten.
Nachweis resistenter Keime im Goldbach
Die im Auftrag des Europaabgeordneten Martin Häusling vorgenommenen Proben zeigten eine Belastung des Goldbachs mit antibiotikaresistenten Keimen. Für gesunde Menschen besteht meist kein akutes Risiko, doch für immungeschwächte Personen und Kinder können solche Bakterien gefährlich werden. Darüber hinaus stellt ihr Vorkommen in Gewässern ein wachsendes Umweltproblem dar, weil sich Resistenzen so weiterverbreiten können.
Die Stadt Gudensberg reagierte mit Informationsmaßnahmen für die Bevölkerung und warnte davor, im Bach zu baden oder das Wasser zu trinken. Bürgermeisterin Sina Massow betonte, dass gesetzlichen Vorgaben für einen besserer Schutz der Gewässer notwendig seien.
Fehlende Vorgaben und Grenzwerte
Ein wesentlicher Punkt der aktuellen Debatte: Für die Bewertung von Antibiotikarückständen und resistenten Keimen im Abwasser existieren in Deutschland bislang weder verbindliche Messverfahren noch Grenzwerte. Die Obere Wasserbehörde kann die KIT-Ergebnisse daher fachlich nicht einordnen und verweist auf eine Zuständigkeit des Gesundheitswesens.
Die politische Diskussion macht deutlich, dass rechtliche Rahmenbedingungen hinter aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen zurückbleiben. Europaweit werden entsprechende Standards derzeit erarbeitet – bis zu einer Umsetzung bleibt die Bewertung solcher Funde jedoch schwierig.
Technische Lösung: Ozonierung und neue Ableitung in die Eder
Als Reaktion auf die Befunde und auf die Vorgabe des Regierungspräsidiums, keine weiteren Einleitungen in den Goldbach vorzunehmen, hat Plukon seine Abwasserinfrastruktur umfassend erweitert.
Die Maßnahmen im Überblick:
- Installation einer Ozonanlage zur zusätzlichen Reinigung des Abwassers
- Errichtung einer rund sechs Kilometer langen Druckleitung zur Ableitung in die Eder
- Erweiterung von Pumpstation, Rückführung und Leitungsbau
- Investitionsvolumen: ca. 3,5 Millionen Euro
Die Ozonierung gilt als wirksame zusätzliche Reinigungsstufe, um Keime und organische Rückstände abzubauen. Prof. Dr. Susanne Lackner von der TU Darmstadt und Mitglied des Kompetenzzentrum Wasser Hessen erläutert im Hessenschau-Videobeitrag:
„Bei einer gut eingestellten Anlage kann die Ozonierung resistente Gene zerstören. Das ist ein guter Schritt, um die Belastung von Gewässern zu reduzieren.“
Seit Ende November ist die neue Anlage jetzt in Betrieb. Die Beteiligten erwartet eine zeitnahe Entlastung des Goldbachs.
Erwartete Wirkung auf Gewässerqualität und Biodiversität
Mit der Verlagerung des Einleitpunkts in die Eder und der Ozonierung werden sowohl Verdünnungseffekte als auch eine verbesserte Vorreinigung wirksam. Dies dürfte:
- die Konzentration resistenter Keime im Goldbach kurzfristig deutlich senken,
- den ökologischen Druck auf das kleine Gewässer reduzieren,
- die Belastung für Flora und Fauna mindern,
- langfristig zur Stabilisierung der lokalen Biodiversität beitragen.
Die Eder als größerer Vorfluter kann verbleibende Restbelastungen besser kompensieren. Dennoch bleiben kontinuierliche Messungen entscheidend, um die tatsächliche Wirksamkeit der Maßnahmen zu überprüfen.
Bewertung durch das Kompetenzzentrum Wasser Hessen
Aus Sicht des KWH ist die Nachrüstung der Abwasserbehandlung ein sinnvoller und zukunftsweisender Schritt. Vor allem die Einführung der zusätzlichen Reinigungsstufe entspricht dem Stand der Technik und stellt eine deutliche Verbesserung gegenüber der bisherigen Reinigungsleistung dar.
Gleichzeitig zeigt der Fall, dass für resistente Keime und Antibiotikarückstände dringend klare rechtliche Vorgaben benötigt werden. Die wissenschaftliche Bewertung solcher Belastungen muss künftig fester Bestandteil der Abwasserüberwachung sein.
Weitere Untersuchungen und Beobachtungen sind daher zentral. Das KWH empfiehlt, die Effekte der Maßnahme in den kommenden Monaten gezielt zu erfassen. Nur so lässt sich zuverlässig beurteilen, ob die Maßnahmen ihre volle Wirkung entfaltet und wie sich die Gewässerqualität sowie die Biodiversität in den beiden Gewässern entwickeln.
Der Beitrag beruht auf Meldungen der Hessenschau vom 3. November 2025 sowie der HNA vom 19. November 2025.
